Der Zwang
Es kam plötzlich und ohne jede Vorwarnung, und wenn es eine gab, so habe ich diese nicht deuten können. Erst viel später habe ich erfahren, dass schon lange etwas nicht mit mir stimmten konnte. Jedoch konnten auch meine Eltern diese Verhalten nicht deuten und man darf nicht vergessen, wo die Forschung in diesem Bereich in den 60er Jahren war.
Aber für mich kam es wie ein Paukenschlag, der mein ganzes Leben, mein Handeln und besonders mein Denken für immer verändern sollte. Die Welt um mich herum, war plötzlich nur noch in zwei Extreme geteilt. Es gab nur noch Gut und Böse, schwarz und weiß. Das Denken sollte für lange Zeit nicht mehr aufhören. Es ist ein anderes Denken. Ganz anders als Sie es kennen. Dieses Denken hat etwas bedrohliches und angsteinflößendes. Es war grausam und unbarmherzig, und es hört nicht auf. Es zwingt Sie zu Handlungen und Taten, die, und das wissen Sie ganz genau, unsinnig und übertrieben sind. Es macht sich breit in Ihrem Kopf und schnell ist kein Platz mehr für die alltäglichen Dinge. Aber bei der Erledigung dieser Dinge, steht Ihnen das Denkenim Wege und macht jede noch so kleine und alltägliche Aufgabe zur unüberwindlicher Anstrengung, oder machen Sie sich Wochen vorher quälende Gedanken, wenn Sie telefonieren müssen ? Jeder Schritt , jede Mimik, jede Handlung und jedes Wort wird zur Konzentrationsübung, eben zur Schwerstarbeit. Auch wenn ich nach außen immer ruhig und ausgeglichen erscheine, so war stets in mir die Hölle los. Ständig zerrissen von den eigenen Gedanken. Gedanken, die Furcht und Angst verbreiten. Panische Angst, die einhergeht mit starken, ja schon übermächtigen Gefühlen und heftigen Körperreaktionen. Keiner darf etwas davon mit kriegen, denn die Scham ist zu groß, denn ich war mir der übertriebenen Unsinnigkeit immer bewusst. Aber ich hatte Angst vor den möglichen Konsequenzen, die daraus folgerten, wenn ich es nicht machen würde.
Der Stress steigt und steigt jeden verdammten Tag. Überall lauert die Gefahr und es gibt keine Nische in die man sich zurück ziehen kann. Da ist Etwas, was sich eingenistet hat und unablässig auf dich ein und hat nur eines im Sinn, dir Angst zu machen mit seinen Prophezeiungen und Omen. Das Gespinst wird immer größer, dichter und unübersichtlicher. Denn dieses Etwas spielt nur nach seinen Regeln. Dieses Etwas ist einfallsreich, hinterlistig und verschlagen. Es gönnt einem nicht die kleinste Freude und Entspannung ist ein Fremdwort. Dabei ist es doch nur zum Besten – sagt es -, denn es will doch nur beschützen vor allem Übel. Du musst nur dies oder das machen. Halte Dich nur an die Reihenfolge, dann wird dir nichts passieren. Aber es ist nur selten zufrieden – im Grunde nie!
Der Druck wird immer größer. Der Kopf ist ständig mit Problemenbeschäftigt. Man wird zum Weltmeister im verbergen und vermeiden. Wie umgehe ich diese Situation ? Sie binden andere mit ein. Verwandte, Kollegen und Freunde. Immer hat man eine Ausrede parat.„Kannst Du mal eben den Videorecorder starten. Ich kann gerade nicht. "Ach bitte rufe doch mal eben den Kunden für mich an, ich habe gerade etwas anderes zu tun“ und so weiter. Dabei spürt man die Verwunderung und das Mißtrauen der Anderen, die irgendwann merken müssen, dass mit dir etwas nicht stimmt. Oder sei doch nicht so faul. Man schämt sich und bekommt ein schlechtes Gewissen.
Da werden Alltäglichkeiten wie telefonieren, Autofahren, Treppensteigen, Einkaufen, Berührungen – ja sogar Blinzeln und Atmen zu unüberwindlichen Problemen. Man bekommt Angst vor der Angst und das jeden verdammten Tag.